Das Spendenjahr 2023: Die wichtigsten Trends im deutschen Spendenverhalten
Wie haben sich die Spendeneinnahmen im abgelaufenen Kalenderjahr entwickelt? Wofür haben die Deutschen vor allem gespendet? Welche Altersgruppe trägt wie viel zum Gesamtspendenvolumen bei? Mit seiner „Bilanz des Helfens 2023“ liefert der Deutsche Spendenrat Antworten auf diese wichtigen Fragen und gewährt einen Einblick in das Spendenverhalten in Deutschland.
In jedem Frühjahr wird die Veröffentlichung der „Bilanz des Helfens“ des Deutschen Spendenrats1, dem Dachverband gemeinnütziger Spenden sammelnder Organisationen in Deutschland, vor allem von seinen Mitgliedern, mit Spannung erwartet. Vor dem Hintergrund der Diskussionen um Rezession, Kriege, Inflation, Poly- und Stapelkrisen, waren viele im Vorfeld von einem starken Rückgang der Spendeneinnahmen im vergangenen Jahr ausgegangen. Dies ist auch eingetreten. Jedoch zeigt sich bei der Bewertung der Ergebnisse durchaus ein gemischtes Bild.
Die wichtigsten Erkenntnisse und Trends des Spendenjahrs 2023
Laut der Erhebung spendeten die Deutschen von Januar bis Dezember 2023 fast 5 Milliarden Euro. Das bedeutet einen Rückgang von etwa 700 Millionen Euro bzw. von 12% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dies ist ganz wesentlich durch gesunkene Spendeneinnahmen im Bereich der Not- und Katastrophenhilfe begründet, der in den Vorjahren – Stichwort: Flutkatastrophe in NRW und Ahrtal in 2021 und Ausbruch Ukraine-Krieg in 2022 – noch sehr starke Zugewinne verzeichnen konnte.
Wie der Deutsche Spendenrat betont, normalisieren sich die Geldspendeneinnahmen nach drei sehr erfolgreichen Jahren wieder auf einem Vor-Corona- bzw. Vor-Katastrophen-Niveau. Bei Betrachtung der einzelnen Monate zeigen sich sogar Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr, vor allem im Oktober, Februar und August. Der Monat Dezember bleibt, auch wenn er rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr verlor, mit knapp 20 Prozent Gesamtanteil der stärkste Spendenmonat.
Die durchschnittliche Spende ist leicht gesunken und liegt aktuell bei 40 Euro, die Anzahl der Spenden pro Person pro Jahr ist hingegen leicht gestiegen und hat mit 7,3 ein neues Rekordniveau erreicht.
Was besonders Anlass zur Sorge gibt, ist der erneute Rückgang der Spenderzahlen. 17 Millionen Menschen haben im Jahr 2023 (mindestens einmal) gespendet. Dies sind 1,7 Millionen Menschen bzw. 9 Prozent weniger als im Vorjahr. Betrachtet man die längere Entwicklung seit der ersten Erhebung im Jahr 2005, so ist der Anteil an Spenderinnen und Spendern von knapp 51 Prozent auf nun knapp 26 Prozent gesunken. Um es anders zu formulieren. Während es vor zwei Jahrzehnten noch etwa jeder Zweite war, der etwas gespendet hat, ist es heute nur noch jeder Vierte.
Dass die jährlichen Gesamtspendeneinnahmen in diesem Zeitraum entgegen diesem Negativ-Trend jedoch zum Teil noch angestiegen sind, ist vor allem auf die gestiegene Spendenhäufigkeit – von 4,3 auf 7,3 - und die gestiegene Höhe der Durchschnittsspende – von 30,9 auf 40,3 Euro – bis zum Jahr 2023 zurückzuführen.
Wofür wird von wem wie viel gespendet
Der Löwenanteil an Spenden fließt mit ca. 3,75 Mrd. Euro bzw. etwa 76 Prozent nach wie vor in den Bereich der „humanitären Hilfe“. Im Bereich der „nicht humanitären Hilfe“, dem mit 1,24 Mrd. Euro etwa 106 Millionen Euro bzw. 8 Prozent weniger an Spenden zugingen, konnte die Kultur- und Denkmalpflege leicht gestiegene Spendeneinnahmen verzeichnen, wobei von ihren Anteilen her nur der Tierschutz und Sport gegenüber dem Vorjahr zulegen konnten.
Nach Altersgruppen betrachtet, trägt die Generation 60+ mit fast zwei Dritteln (61%, 19% der 60-69-Jährigen und 42% der Ü70-Jährigen) nach wie vor am meisten zum Spendenaufkommen bei. Die durchschnittlichen Spendensummen pro Jahr liegen bei den 60-69-Jährigen bei knapp 300 Euro, bei den Ü70-Jährigen sogar bei 380 Euro.
Während die 30- bis 39-Jährigen im Vergleich zu 2019 durchschnittlich 40% mehr spenden pro Jahr (vorher 207, nun 292 Euro), sind es in der Gruppe der 40-49-Jährigen 33 % weniger (vorher 320, nun 213 Euro). Ihr Anteil am Gesamtspendenaufkommen ist von allen Gruppen am stärksten gesunken (von 16% auf nun 8%).
Erstmals wurden auch Einblicke in das regionale Spendenverhalten gegeben. An dieser Stelle sei jedoch nur erwähnt, dass unter den betrachteten Bundesländern und Regionen einzig Nordrhein-Westfalen die Spendeneinnahmen entgegen dem Bundestrend steigern konnte, auf ca. 1,08 Mrd. Euro.2
Was ist die „Bilanz des Helfens“ und welche Methodik liegt ihr zugrunde?
Um die Ergebnisse in ihrer Aussagekraft einschätzen zu können, ist es wichtig zu verstehen, wie diese zustande kommen.
Die vom Deutschen Spendenrat in Auftrag gegebenen Erhebungen, deren Ergebnisse regelmäßig in der „Bilanz des Helfens“ in Auszügen präsentiert werden, werden vom Marktforschungsunternehmen "Consumer Panel Germany GfK GmbH" durchgeführt.
Sie stellen ein Teilergebnis der Studie GfK Charity Panels, die auf kontinuierlichen schriftlichen Erhebungen bei einer repräsentativen Stichprobe von 10.000 Panelteilnehmern basiert, dar. Monatlich werden die Geldspenden der am Panel beteiligten Personen (deutsche Privatpersonen ab 10 Jahren) schriftlich in Form eines Tagebuchs, das von den Teilnehmern selbst geführt wird, erfasst. Die Ergebnisse werden dann auf die Grundgesamtheit der deutschen Bevölkerung ab 10 Jahren (Stand 2023: 65,9 Millionen Menschen) hochgerechnet. Diese Methodik hat sich seit der ersten Erhebung im Jahr 2005 nicht verändert.
Als Spende zählen die von deutschen Privatpersonen freiwillig getätigten Geldspenden an gemeinnützige Organisationen, Hilfs- sowie Wohltätigkeitsorganisationen und Kirchen. Nicht enthalten sind Erbschaften und Unternehmensspenden, Spenden an politische Parteien und Organisationen und gerichtlich veranlasste Geldzuwendungen, Stiftungsneugründungen und Großspenden über 2.500 Euro.
Vor diesem Hintergrund ist zu betonen, dass die jährlichen (tatsächlichen) Spenden bzw. finanziellen Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen noch weit höher sind als es die Befragung nahe legt.
Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das auf eine Erhebung zurückgreift, die Spenden über 2.500 Euro, bis 30.000 Euro berücksichtigt, hat das Spendenvolumen des Jahres 2023 gar mit 12,8 Mrd. Euro beziffert.3 Die jährliche Lohn- und Einkommenssteuerstatistik, die mit größerer zeitlicher Verzögerung veröffentlicht wird, nennt hinsichtlich der geleisteten privaten, steuerlich veranlagten Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke die Summe von etwa 6,5 Milliarden Euro für das Jahr 2019. In der „Bilanz des Helfens“ war für diesen Zeitraum “nur“ die Summe von etwa 5,1 Milliarden Euro ausgewiesen worden.4 Hinzu kommen Spenden von Unternehmen, die vor einigen Jahren auf 9,5 Mrd. Euro geschätzt wurden.5
Spende, wer kann!
Der Deutsche Spendenrat prognostiziert für das Jahr 2024 aufgrund der wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten eine Stabilisierung des Spendenverhaltens auf dem Niveau von 2023.
Unzweifelhaft wirken sich die hohen Inflationsraten der vergangenen Jahre auf das Spendenverhalten breiter Teile der Bevölkerung (teils erheblich) aus. Viele Menschen, die in den Vor-Krisen-Jahren noch gespendet haben, spenden entweder gar nicht mehr oder sie haben die Spendensummen reduziert.
Die kontinuierliche und unvermindert starke finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Organisationen bleibt jedoch, auch und insbesondere zur Bewältigung der Folgen der uns umgebenden Krisen und Konflikte, essenziell.
Daher ermutigen wir Spenderinnen und Spender, dass ihre Unterstützung in vielen gesellschaftlichen Bereichen einen wirkungsvollen Beitrag leisten kann und stehen mit unserem Beratungsangebot im Bereich “Fundraising” jederzeit kleinen und großen Non-Profit-Organisationen zur Verfügung, die Unterstützung bei der Spendengewinnung benötigen.
Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf, wenn Sie Rückfragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag haben oder unsere Unterstützung benötigen.
Wesentliche Quellen:
Deutscher Spendenrat e. V.: „Bilanz des Helfens 2023“; abrufbar unter: www.spendenrat.de/bilanz-des-helfens-2023
Pressekonferenz zur Vorstellung der Ergebnisse der „Bilanz des Helfens 2023“; abrufbar unter: www.youtube.com
1 nähere Informationen zum „Deutscher Spendenrat e. V.“ finden Sie unter: www.spendenrat.de
2 nähere Informationen zum regionalen Spendenverhalten finden Sie in der Präsentation „Regionaldaten Deutschland 2023“ unter: www.spendenrat.de
3 nähere Informationen sind einer Pressemitteilung des DZI aus März 2024 zu entnehmen: www.dzi.de
4 In der Sonderauswertung „Geleistete Spenden, geltend gemachte und abzugsfähige Zuwendungen 2019“ finden Sie ausführliche Informationen für die Jahre 2012 bis 2019. Abrufbar unter: www.destatis.de
5 Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft/ Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): CC-Survey 2018: Unternehmensengagement und Corporate Citizenship in Deutschland; abrufbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de
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