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Der Status der Gemeinnützigkeit: Wie Organisationen ihn erhalten und von ihm profitieren

Das Gros des zivilgesellschaftlichen, bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland findet in gemeinnützigen Organisationen statt. Der gemeinnützige Status bringt spezifische Vorteile für die Organisationen mit sich. In unserem Magazin-Beitrag informieren wir Sie, unter welchen Voraussetzungen Organisationen als gemeinnützig anerkannt werden können und stellen Ihnen die wesentlichen Vorteile des Gemeinnützigkeitsstatus vor.

Die Zivilgesellschaft in Deutschland ist zwar nicht vollständig, aber doch überwiegend in gemeinnützigen Institutionen und Einrichtungen organisiert. Ein ungebrochener Trend. Waren es im Jahr 1995 noch etwas mehr als 400.000 Vereine, so sind es inzwischen über 600.000. Seit Jahrzehnten übertrifft die Zahl der Neugründungen die der Auflösungen. Hinzu kommen knapp 25.800 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts, ca. 14.500 gemeinnützige Kapitalgesellschaften – gGmbHs, gUGs und gAGs - und schätzungsweise 2.000 gemeinwohlorientierte Genossenschaften.1

Wenn von gemeinnützigen Organisationen gesprochen wird, sind zumeist – und auch in diesem Beitrag – sowohl diejenigen Organisationen gemeint, die gemeinnützige Zwecke, die mildtätige Zwecke oder die kirchliche Zwecke verfolgen. Gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts, präzise im Sinne des Körperschaftssteuergesetzes (KStG) und der sog. Abgabenordnung, können nur „Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen“ sein. Dies sind als häufigste Rechtsformen des zivilgesellschaftlichen Sektors Vereine, Stiftungen, Kapitalgesellschaften, z. B. GmbHs und AGs, oder Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Aber auch Genossenschaften, Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, sowie nicht rechtsfähige Stiftungen bzw. Zweckvermögen des privaten Rechts (Treuhandstiftungen) können den Status der Gemeinnützigkeit erlangen.

Gemeinsam haben die Organisationen, dass sie – anders als Unternehmen – nicht privatnützige, partikuläre Interessen verfolgen und nicht (in erster Linie) Gewinne erwirtschaften möchten, sondern eine ideelle, auf das Gemeinwohl gerichtete Zielsetzung verfolgen. Daher werden diese Organisationen mitunter auch als Non-Profit- oder Social Profit-Organisationen bezeichnet.

Das müssen Organisationen zum Erhalt der Gemeinnützigkeit tun

Um von einer Finanzbehörde als gemeinnützig anerkannt zu werden, muss die Satzung der jeweiligen Organisation zwingend Vorgaben zur Einhaltung des Gemeinnützigkeitsrechts (nach § 60 Abgabenordnung) bzw. zur Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke enthalten. Bezogen auf Organisationen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, heißt das, dass ihre Tätigkeit darauf gerichtet sein muss, „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichen Gebiet selbstlos zu fördern“. Was als gemeinnützig gilt, hat der Gesetzgeber in einem schrittweise erweiterten, inzwischen 26 Zwecke umfassenden Katalog definiert.2

Dazu zählen u.a. „klassische Gebiete“ für ein gemeinwohlförderndes Engagement wie das Wohlfahrtswesen, Wissenschaft und Forschung, Bildung und Kultur, aber auch Umwelt- und Naturschutz, Gesundheitswesen sowie Sport und Brauchtumspflege.3

Um den gemeinnützigen Status erhalten und auch bewahren zu können, muss der jeweilige Zweck – nicht selten sind es auch mehrere zugleich – von der Organisation satzungsgemäß ausschließlich, selbstlos und unmittelbar verfolgt werden, die formelle Satzungsmäßigkeit gegeben sein und die tatsächliche Geschäftsführung diesen Satzungsbestimmungen entsprechen.

So profitieren Organisationen von ihrem gemeinnützigen Status

Die Mehrheit der auch als Non-Profit-Organisationen bezeichneten Organisationen ist als gemeinnützig anerkannt und genießt bestimmte Privilegien, auch Steuerprivilegien, die beispielsweise profitorientierten Unternehmen verwehrt bleiben.

Zu den Hauptvorteilen zählen:

1. Steuerliche Absetzbarkeit von Zuwendungen

Spenden und Mitgliedsbeiträge an steuerbegünstigte Körperschaften können von Privatpersonen und Unternehmen als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden.4 Von diesem steuerlichen Anreiz profitieren insbesondere spendenbasierte gemeinnützige Organisationen. Bei Zustiftungen an gemeinnützige Stiftungen – bei Gründung oder im Laufe ihres Bestehens – wird sogar ein erweiterter steuerrechtlicher Sonderausgabenabzug gewährt.5 Ohne Zweifel wäre ohne diese steuerliche Absetzbarkeit von an sie gerichteten Zuwendungen und das damit einhergehende Recht zum Ausstellen von Zuwendungsbestätigungen die Finanzierung der Mehrheit der Organisationen immens gefährdet.

2. Steuerbefreiungen und -vergünstigungen

Gemeinnützige Körperschaften profitieren von der vollständigen oder teilweisen Befreiung von Steuern in vielen Steuerarten. Von der Körperschafts- und der Gewerbesteuer und – unter gewissen Voraussetzungen – auch von der Grundsteuer sind sie gänzlich befreit. Eine Steuerbefreiung gilt letztlich für alle Einkünfte, die eine gemeinnützige Körperschaft aus der Vermögensverwaltung oder aus wirtschaftlicher Tätigkeit, die den Satzungszwecken dient, ohne steuerpflichtige potenzielle Wettbewerber zu beeinträchtigen, erzielt.

Die Einkünfte aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb werden nur besteuert, sofern die Einnahmen 45.000 Euro im Jahr übersteigen. Umsatzsteuerrechtlich müssen gemeinnützige Körperschaften die Umsätze ihrer Zweckbetriebe oder Einkünfte aus Vermögensverwaltung im Regelfall nur dem halben Steuersatz von 7% unterwerfen.6

3. Finanzielle Vergütung ehrenamtlicher Tätigkeiten

Auch freiwilliges, ehrenamtliches Engagement innerhalb gemeinnützig anerkannter Organisationen fördert der Gesetzgeber in besonderer Weise. So gilt für Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr Steuerfreiheit – für die Organisation und den Ehrenamtlichen. Die Ehrenamtspauschale kann an jede Person, also auch Nicht-Mitglieder, gezahlt werden. Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei der vergüteten Tätigkeit um eine nebenberufliche Tätigkeit im ideellen Bereich der Organisation handeln muss.

4. Zuwendungen der „öffentlichen Hand“

Insbesondere öffentliche Mittelgeber – Städte, Gemeinden, Land, Bund, EU und ihnen zugeordnete Institutionen – knüpfen die Vergabe von Fördermitteln zur Förderung gemeinwohlorientierter Aufgaben in Wissenschaft, Bildung, Soziales und Kultur an den gemeinnützigen Status von Organisationen. Liegt dieser nicht vor, sind diese Organisationen vom Antrags- und Vergabeverfahren ausgeschlossen. Da die "öffentliche Hand" den Großteil der in Deutschland zur Verfügung gestellten Fördermittel zugunsten gemeinnütziger Projekte und Aktivitäten vergibt, ist der gemeinnützige Status also auch hier von entscheidender Bedeutung.

5. Erbschaftssteuerfreier Empfang von Zuwendungen

Soweit eine gemeinnützige Körperschaft unentgeltliche Zuwendungen, wie Spenden, Erbschaften oder Zustiftungen erhält, handelt es sich um „nicht steuerbare Vermögensmehrungen“, die erbschaftssteuerfrei empfangen werden können.7 Für die Errichtung gemeinnütziger Stiftungen ist die Erbschaftsteuerfreiheit der Vermögensübertragung – neben dem erweiterten Spendenabzug – von entscheidender Bedeutung.

Als weitere Vorteile der Gemeinnützigkeit dürfen gelten, dass gemeinnützige Körperschaften vielfach von staatlichen Gebühren und Kosten befreit sind oder auch von günstigeren Konditionen bei der Anmietung von Räumlichkeiten, der Aufnahme von Krediten oder der Eröffnung und dem Führen von Bankkonten profitieren. Darüber hinaus besitzen sie – im Unterschied zu anderen gesellschaftlichen Akteuren – mehrheitlich ein äußerst positives Image, was ihnen bei der Gewinnung von Finanzierungsmitteln, aber auch bei der Personalgewinnung zum Vorteil gereicht.

Fördern und im richtigen Maße fordern

Ohne Zweifel haben die hier beschriebenen günstigen Rahmenbedingungen, die mehrheitlich von staatlicher Seite bewusst geschaffen wurden, um das bürgerschaftliche Engagement zum Wohle der Allgemeinheit zu fördern, dazu beigetragen, dass sich eine derart starke und vielfältige Zivilgesellschaft in Deutschland entwickelt hat. Gleichwohl darf nicht außer Acht bleiben, dass mit dem Status der Gemeinnützigkeit auch Bindungen, Vorgaben und Pflichten des Gemeinnützigkeitsrechts einhergehen. Nicht zu Unrecht wird auch im Dritten Sektor regelmäßig über zu große Belastungen durch Bürokratie diskutiert.8

Der Gesetzgeber muss somit die richtige Balance zwischen Freiheit, Vertrauen und Sicherheit, bezogen auf das von ihm gewünschte Agieren gemeinnütziger Organisationen, finden. Es bleibt zu wünschen, dass er mit einem größtmöglichen positiven Beitrag Menschen unterstützt, die aus freien Stücken Zeit, Geld und mitunter auch ihre Gesundheit zur Förderung des Wohls der Allgemeinheit einsetzen.

Gern stehen wir Ihnen mit unserer Kompetenz und Erfahrung im Bereich der Gemeinnützigkeit im Verbund mit unseren Partnern aus dem Feld der Rechts- und Steuerberatung zur Seite.

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Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar und ersetzt diese nicht. Der Beitrag wurde auf Grundlage seriöser Quellen (insbes. Fachliteratur) erstellt und soll der ersten Orientierung dienen.

Wesentliche Quellen:

1 Zahlen zu Vereinen, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften aus ZiviZ-Survey 2023
2 s. § 52 Abs. 2; zusätzlich eröffnet § 52 Abs. 2 Satz 2 AO Finanzverwaltungen die Möglichkeit, auch andere, nicht genannte Zwecke, die die Allgemeinheit fördern, ebenfalls für gemeinnützig zu erklären; gemäß Autor E. Rechtsentwicklung S.32/33 wurde das Gemeinnützigkeitsrecht mit der Gemeinnützigkeitsverordnung 1953 präzisiert und 1977 in die noch heute wesentlichen §§ 51-68 AO eingefügt; die gemeinnützigen Zwecke wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2007 (i. Z. m. der Verabschiedung des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements) in einem weitgehend abgeschlossenen Katalog von (zum damaligen Zeitpunkt) 25 anerkannten Zwecken festgeschrieben.
3 die Wertung als „gemeinnützig“ ist insbesondere bei den sog. Freizeitbetätigungen, wie Sport oder Brauchtumspflege umstritten; Tipke/Kruse schreiben zum Begriff: „Der Gegensatz von gemeinnützig ist eigen-, individual- oder partikularnützig. Das Verfolgen singulärer oder partikulärer Interessen ist nicht gemeinnützig. Sonder- oder Eigeninteressen, Einzelvorteile sollen ausgeschaltet werden, auch wenn sie in Vereinsform verfolgt werden.“ (Tipke/Kruse: Abgabenordnung – Kommentar, § 52 Rz. 2, in: Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag: Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und Folgen der Aberkennung, 2016, S. 5)
4 gemäß § 10b Einkommenssteuergesetz (EStG)
5 s. Bundesverband Deutscher Stiftungen: Faktenblatt Zustiftung
6 s. Schauhoff, Stephan: Grundlegung, in: Schauhoff, Stephan/ Kirchhain, Christian (Hrsg.): Handbuch der Gemeinnützigkeit. C. H. Beck, 4. Aufl. 2023, S. 37
7 gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
8 laut eines Empfehlungsberichts des Normenkontrollrats Baden-Württemberg mit dem Titel „Entbürokratisierung bei Vereinen und Ehrenamt“ aus dem Jahr 2019, „muss sich ein typischer, mittelgroßer Verein mit einem aktiven Vereinsleben 42 Tage im Jahr bzw. 6,5 Stunden pro Woche nur um die Erfüllung bürokratischer Vorgaben kümmern (337 Stunden)“

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