Die Vielfalt der Philanthropie: Aktuelle Formen der „Menschenfreundschaft“
Menschen, die für ihr besonderes Engagement zum Wohl ihrer Mitmenschen und ihre großzügige Spendenbereitschaft bekannt sind, werden mitunter als Philanthropen bezeichnet. Die Formen philanthropischen Handelns haben sich in der Geschichte der Menschheit gewandelt. In unserem Magazin-Beitrag stellen wir den Ursprung dieses Begriffs und aktuelle Erscheinungsformen der Philanthropie vor.
Der Begriff der Philanthropie taucht bereits in griechischen Tragödien des 5. Jahrhunderts v. Chr. auf. „Mit Philanthropie wird zunächst sehr allgemein eine positive Einstellung gegenüber anderen Menschen bezeichnet, so der aus dem griechischen φιλανθρωπία (philanthrōpía) hergeleitete Begriff, der sich aus philos (Freund) und anthropos (Mensch) herleitet.“1 Der Begriff wurde je nach Zeitpunkt und Kontext recht unterschiedlich verwendet, um das Handeln einzelner Personen oder Institutionen zu kennzeichnen. Im Kern ging es aber stets um die finanzielle Förderung karitativer, wohltätiger Zwecke, beispielsweise den Bau von Pflegeeinrichtungen, Schulen und sozialer Einrichtungen, unabhängig von der jeweiligen Motivlage.
„In jedem philanthropischen Akt steckt ein schwer abzuschichtendes Motivbündel, das von der Erwartung des ewigen Seelenheils über die Gewinnung von Ansehen in der Gesellschaft, die Gestaltung eines sinnerfüllten Lebens, den Willen zur Mitgestaltung der res publica oder die Vermeidung von Abgaben an den Staat bis zu einem aus der Beobachtung von Not erwachsenden altruistischen Mitgefühl reichen kann.“2
Gegenwärtig werden im Wesentlichen freiwillige Gaben und Geschenke, v.a. Geldspenden, zum Wohl einzelner Menschen, spezifischer Organisationen oder Bewegungen als philanthropische Akte betrachtet und sehr wohlhabende Menschen, die für das Spenden großer Teile ihres Vermögens bekannt sind, wie die zu ihrer Zeit Großindustriellen John D. Rockefeller und Andrew Carnegie – dem das Zitat zugeschrieben wird „Es ist keine Schande, reich zu werden, aber schändlich, reich zu sterben“ – als Philanthropen bezeichnet.
Für besonderes Aufsehen in jüngerer Zeit sorgte der US-amerikanische Investor und bekannte Philanthrop Warren Buffet mit seiner gemeinsam mit Bill Gates im Jahr 2010 gestarteten philanthropischen Initiative „Giving Pledge“, deren Ziel es ist, die reichsten Einzelpersonen und Familien der Welt dazu zu bewegen, den Großteil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu verwenden und langfristig die „Normen der Philanthropie unter den reichsten Menschen der Welt zu ändern.“3
Aktuelle Formen der „Menschenfreundschaft“
Das Wohl einzelner Mitmenschen oder das Wohl der Gesellschaft als Ganzes kann in unterschiedlicher Gestalt gefördert werden. Als aktuell wichtigste Formen gelten:
1. Spende
Bei einer Spende handelt es sich um eine freiwillige, unentgeltliche Zuwendung (Geld- oder Sachzuwendung) an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die diese Zuwendung für ihre satzungsmäßigen, steuerbegünstigten Zwecke – gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke – grundsätzlich zeitnah zu verwenden hat. Neben traditionelle Formen des Spendens treten moderne gemeinschaftliche Formen des Spendens, wie das sog. Crowdfunding oder sog. Giving Circles, bei denen sich Menschen zusammenschließen, um gemeinsam Projekte oder Organisationen finanziell zu unterstützen.
2. Zustiftung
Unter einer Zustiftung versteht man eine Zuwendung in den Vermögensstock einer bereits bestehenden Stiftung. Bei einer Zustiftung werden Vermögenswerte dem Stiftungsvermögen dauerhaft zugeführt. Durch die damit verbundene Erhöhung des Stiftungsvermögens erzielt die Stiftung langfristig höhere Erträge und kann somit ihre Zwecke nachhaltiger verfolgen. Die Zustiftung erfolgt zumeist zweckungebunden, so dass ihre Erträge freier eingesetzt werden können.
3. Stiftungsfonds
Ein Stiftungsfonds ist eine besondere Form der Zustiftung. Eine Zuwendung in den Vermögensstock einer Stiftung mit der Auflage, die Erträge aus dem Zuwendungsbetrag für einen bestimmten steuerbegünstigten Zweck einzusetzen. Dieser mildtätige, kirchliche oder gemeinnützige Zweck, beispielsweise die Förderung der Bildung, der Kultur oder des Sports, wird meist bereits von der „aufnehmenden Stiftung“ verfolgt. Die Mittelvergabe kann zu bestimmten Zeitpunkten erfolgen und auf einzelne, spezifisch festgelegte Projekte und Organisationen beschränkt sein.4
4. Treuhandstiftung
Die Gründung einer Treuhandstiftung ist eine „Zuwendung von Vermögenswerten durch den Stifter an eine natürliche oder juristische Person mit der Maßgabe, die übertragenen Werte dauerhaft zur Verfolgung eines vom Stifter festgelegten Zwecks zu nutzen.“5 Der Treuhänder/ Stiftungsträger wird Eigentümer der zu treuen Händen übertragenen Vermögenswerte und hat das zweckgebundene Vermögen nach Maßgabe des Stifterwillens zu verwalten. Im Falle gemeinnützig anerkannter Stiftungen werden die Erträge zumeist auf unbestimmte Zeit für einen oder mehrere spezifische sozial-karitative, kulturelle, ökologische oder sonstige Zwecke verwendet.6
5. Rechtsfähige Stiftung
Die rechtsfähige Stiftung ist – qua Definition im Bürgerlichen Gesetzbuch – eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person. Anders als im Falle der Treuhandstiftung bedarf es eines Vorstands, der Entscheidungen zur Verwirklichung in der Stiftungssatzung niedergelegten Stifterwillens trifft und die Stiftung im Rechts- und Geschäftsverkehr vertritt. Schätzungen zufolge handelt es sich bei 90 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts um steuerbegünstigte, auf das Wohl Bedürftiger oder das der Allgemeinheit ausgerichtete Organisationen.
6. Verbrauchsstiftung
Im Gegensatz zur klassischen, auf unbestimmte Dauer angelegten Stiftung entscheiden sich Gründerinnen und Gründer von Verbrauchsstiftungen dazu, eine Stiftung ins Leben zu rufen, die ihr Stiftungskapital – und nicht nur wie sonst üblich ausschließlich ihre Erträge sowie Spenden – vollständig zur Realisierung eines privat- und/oder gemeinnützigen Zwecks einsetzt. Der Gesetzgeber sieht seit 2013 auch bei rechtsfähigen Stiftungen die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks dann als gesichert an, wenn die Verbrauchsstiftung mindestens zehn Jahre besteht.7 Ein damit einhergehender Trend ist, dass sich einzelne Stifterinnen und Stifter dazu entscheiden, ihre Stiftung als sog. Hybrid-Stiftung, mit einem zu erhaltenden und einem zu verbrauchenden Vermögen auszustatten.
7. Stifterdarlehen
Bei einem Stifterdarlehen verpflichtet sich ein Darlehensgeber, einer gemeinnützigen Stiftung einen Geldbetrag in vereinbarter Höhe zinslos zur Verfügung zu stellen. Die Stiftung ihrerseits verwendet nur die aus der Anlage des Darlehensbetrages erzielten Zinsen für die Verwirklichung ihrer Zwecke. Sie ist dazu verpflichtet, den zur Verfügung gestellten Darlehensbetrag im Fall von Kündigung oder Zeitablauf in vollem Umfang zurückzuerstatten. 8 Das Stifterdarlehen ist ein bislang eher unbekanntes "Instrument zur Förderung gemeinnütziger Zwecke auf Zeit”.
8. Investitionen
Investitionen in gemeinnützige Organisationen oder Projekte zielen darauf ab, diese langfristig in ihrer Existenz zu stabilisieren. Ein bekannter Ansatz ist das „Mission Investing“, das neben finanziellen Renditen auch positive soziale oder ökologische Wirkungen erzielen soll und im Deutschen zumeist mit „Wirkungsorientierten Investieren“ bezeichnet wird. Ein anderer die „Venture Philanthropy“, der Elemente des Risikokapitals nutzt, um gemeinnützige Organisationen durch finanzielle Unterstützung, Beratung und Netzwerkaufbau zu fördern.
Mit jeder „Philanthropie-Form“ gehen spezifische Absichten, Vor- und auch „Nachteile“ einher, die sich auf die Dauer der Wirkung, den Einfluss des Gebenden auf die Mittelverwendung sowie rechtliche und administrative Anforderungen beziehen können.
„Geld ist nicht alles“ und „It´s the system, stupid!“
Abschließend ist zu betonen, dass die hier vorgestellten Formen der monetären Förderung gemeinnütziger Organisationen und gemeinwohlorientierter Zwecke bedeutend sind, jedoch nicht das gesamte Phänomen der Philanthropie, der “Freundschaft zum Menschen”, abbilden. Neben diese „Finanzielle Philanthropie“ tritt das, was man als „Immaterielle Philanthropie“ bezeichnen könnte. Sie umfasst Zeit- und Wissensspenden, ehrenamtliche Arbeit oder das Teilen von Netzwerken ohne finanziellen Einsatz. Beide Formen sind immens wichtig und ergänzen sich oftmals, um umfassende Unterstützung zu bieten.
Zu wünschen ist, dass ein an Strukturreformen des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems orientierter Philanthropieansatz weiter an Bedeutung gewinnt. Ein Ansatz, der auch und sehr viel stärker als in der Vergangenheit an den systemisch-strukturellen Ursachen sozialer und ökologischer Probleme arbeitet bzw. diese aufzuheben versucht. Denn gegenwärtig zielen viele philanthropischen Handlungen lediglich auf eine kurzfristige Symptomlinderung ab, wo doch ein chirurgischer Eingriff sinnvoller wäre als das zum Dauerzustand werdende Einwerfen einer Kopfschmerztablette.
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Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar und ersetzt diese nicht. Der Beitrag wurde auf Grundlage seriöser Quellen erstellt und soll der ersten Orientierung dienen.
Wesentliche Quellen:
1 Maecenata Stiftung: Online-Beitrag „Hintergrundinfo: Philanthropie“ (abgerufen am 27.12.2024): www.maecenata.eu
2 ebd.
3 Auf der Website von „Giving Pledge“ heißt es u.a.: „The Giving Pledge ist eine Bewegung von Philanthropen, die sich verpflichten, den Großteil ihres Vermögens zu Lebzeiten oder testamentarisch für wohltätige Zwecke zu spenden.
Ziel des Giving Pledge ist es, die Normen der Philanthropie unter den wohlhabendsten Menschen der Welt zu verändern, indem sie dazu angeregt werden, mehr zu spenden, ihre Spendenpläne früher aufzustellen und auf intelligentere Weise zu spenden. Dies geschieht zum Teil durch den Aufbau einer Gemeinschaft, in der die Unterzeichner des Giving Pledge an Lernveranstaltungen teilnehmen, bewährte Praktiken austauschen und Ideen zur Maximierung der Wirkung ihrer Spenden austauschen können.
Das Giving Pledge ist eine moralische Verpflichtung - keine rechtlich bindende. Es handelt sich um einen einfachen Vorschlag, der mehr der reichsten Menschen der Welt dazu ermutigen soll, den Großteil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden.
Der Giving Pledge orientiert sich an dem Beispiel von Millionen von Menschen, die großzügig und oft unter großen persönlichen Opfern spenden, um die Welt besser zu machen.
Der Giving Pledge ist ein langfristiges Vorhaben, um die Normen der Philanthropie unter den reichsten Menschen der Welt zu ändern.“
Quelle: https://givingpledge.org
4 Nähere Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Stiftungsfonds: Die Alternative zur Stiftungsgründung“
5 Mehren, Judith: Besonderheiten bei der nichtrechtsfähigen Stiftung“, in: Schauhoff/ Kirchhain (Hrsg.): Handbuch der Gemeinnützigkeit, S. 191
6 Nähere Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Die Treuhandstiftung: Welche Stärken und Vorteile die beliebteste Stiftungsform besitzt“
7 Nähere Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Die Verbrauchsstiftung: Apfelkiste statt Apfelbaum“
8 gemäß der von Küstermann und Hoffmann-Steudner formulierten Definition/ Auffassung im Beitrag „Stifterdarlehen“ (im vom Bundesverband Deutscher Stiftungen veröffentlichten StiftungsRatgeber Band 2: Stiften und spenden, S. 91)
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