Klimafreundliches Handeln im Dritten Sektor: Wie gemeinnützige Organisationen zum Klimaschutz beitragen können
In der Diskussion um den Klimaschutz stehen mehrheitlich Unternehmen, der Staat sowie Bürgerinnen und Bürger im Fokus. Doch auch gemeinnützige Organisationen sind gefragt, ihre eigenen Aktivitäten einer kritischen Analyse zum Ausstoß von Treibhausgasen zu unterziehen und klimaschutzkonform zu handeln. In unserem Magazin-Beitrag zeigen wir, auf welchen Feldern v.a. Vereine und Stiftungen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.
Der Klimawandel ist eine, wenn nicht die größte Herausforderung unserer Zeit. Die auf nationaler und internationaler Ebene gesteckten Ziele zur Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen und zur Begrenzung der Erderwämung um 1,5 Grad sind notwendigerweise ambitioniert. Der Deutsche Bundestag hat 2021 ein neues Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG)1 und 2022 ein Klimaschutzsofortprogramm verabschiedet. Bei der Minderung von Treibhausgasemissionen, insbesondere von CO2 und dem als "Klimakiller" bezeichneten Methan, stehen v.a. die Industrie, der Energie- und der Gebäudesektor als größte Emittenten im Fokus. Dennoch ist – neben dem Staat bzw. öffentlichen Sektor (Erster Sektor), der Wirtschaft (Zweiter Sektor) sowie Bürgerinnen und Bürgern, die dazu aufgefordert sind, ihre individuelle Lebensweise kritisch zu hinterfragen und anzupassen – auch der gemeinnützige Non-Profit-Sektor (Dritter Sektor) in der Verantwortung.
Zum einen aufgrund der hohen Anzahl an Institutionen, die ihm zugerechnet werden können, und seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung2, zum anderen aufgrund der Tatsache, dass die Folgen verfehlter bzw. misslingender Klimaschutzmaßnahmen auf alle gesellschaftlichen Akteure gleichermaßen zurückfallen.
Hinzu kommt der erklärte Anspruch gemeinnütziger Organisationen, dem Gemeinwohl zu dienen bzw. gemeinwohlkonform zu handeln. Zahlreiche Organisationen haben sich bereits bei Gründung in ihrer Satzung explizit zur Förderung des Natur- und Umweltschutzes3 verpflichtet und somit dazu, Schädigungen des natürlichen Lebensraums des Menschen zu verhindern oder zu beseitigen. Um die Bedeutung des Klimaschutzes für das Wohl der Allgemeinheit besonders hervorzuheben, hat der Gesetzgeber 2020 die Förderung des Klimaschutz als eigenständigen Zweck in den Katalog gemeinnützig anerkannter Zwecke aufgenommen.4
Unabhängig vom Satzungszweck kann jedoch jede gemeinnützige Organisation – ob Wohlfahrtsverein, Kulturstiftung oder Sportverein – zu einer Klimaschutzorganisation werden. Ein erster Schritt sollte darin bestehen, den Ist-Zustand an Emissionen zu erfassen und die eigenen Handlungsfelder auf ihre Potenziale zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen zu durchleuchten.
5 klassische Handlungsfelder
Verwaltung
Messen Sie den Stromverbrauch Ihrer Organisation und reduzieren sie ihn. Einfache erste Maßnahmen können sein: Schalten Sie Bürogeräte, auch Monitore, nach Feierabend und in Pausenzeiten aus. Der Bezug von Ökostrom in den eigenen Büroräumlichkeiten als auch in verwalteten Immobilien sollte selbstverständlich gewählt werden. Setzen Sie im Einkauf, z.B. von Bürobedarf, auf klimafreundliche Produkte, z.B. Gerätschaften mit langer Lebensdauer und hoher Effizienz sowie Recyclingpapier. Ziehen Sie den Einkauf vor Ort dem Online-Kauf mit langen Liefer- und Transportwegen vor. Nutzen Sie die Möglichkeiten des hybriden Arbeitens und „Home Office“.5 Einzelne Organisationen prüfen sogar die "klimafreundliche Gestaltung" der eigenen Internetseite.
Mobilität
In Deutschland entfallen etwa 20 Prozent der Treibhausemissionen auf den Verkehrssektor. Neben der Fahrt der Mitarbeitenden zum Arbeitsplatz können Sie auch Geschäftsreisen auf ihre Klimafreundlichkeit hin bewerten. So verursacht eine Reise mit der Bahn im Vergleich mit einem Inlandsflug bis zu zehn Mal weniger Emissionen pro Reisendem. Der Kauf von Firmenfahrrädern, Zuschüsse zu Bahn- und ÖPNV-Tickets oder die Nutzung von Carsharing-Services können erste Maßnahmen sein. Unter Umständen können Sie auch in Präsenz geplante, regelmäßige Treffen ganz oder in Teilen durch Online-Meetings ersetzen.6
Veranstaltungen
Wie eine Studie zur Klimabilanz von Kulturinstitutionen belegt, kann der CO2-Abdruck einzelner Veranstaltungen einen erheblichen Anteil am jährlichen Gesamtausstoß von CO2-Emissionen einer Organisation ausmachen.7 Mobilität und Verpflegung, Wasser- und Energieverbrauch, Abfallerzeugung und -entsorgung. Sie können zig Dienstleistungen und Produkte, die bei der Durchführung von Veranstaltungen relevant sind, auf ihre Klimaverträglichkeit hin durchleuchten. Allein durch die Umstellung der Verpflegung von fleischhaltigem auf vegetarisches, lokal und saisonal produziertes Essen lassen sich größere Mengen CO2 einsparen. Je nach Veranstaltungsvorhaben können Sie auch (emissionsarme) Shuttle-Services einsetzen, günstigere Pauschalpreise für Teilnehmende mit der Deutschen Bahn vereinbaren oder Logistiker vor Ort beauftragen und so die CO2-Bilanz der Veranstaltung weiter reduzieren. Die "GreenScoreCard" ist ein hilfreicher Leitfaden, um Meetings "grüner", d.h. klimafreundlicher durchzuführen.
Vermögensanlage
Insbesondere Stiftungen bzw. Organisationen mit größerer Vermögensausstattung haben mit der Anlage von Vermögen einen wirkungsvollen Hebel zur Senkung von klimaschädlichen Emissionen. So können Sie in der Leitung Ihrer Organisation Ausschluss- und Positivkriterien zur Reduzierung von Investitionen mit signifikanten negativen Klimafolgen formulieren und dies in einer Anlagestrategie niederlegen. Ebenso können Sie es innerhalb einer Impact Investing- und/oder ESG-Strategie zur Zielvorgabe machen, dass Investitionen (auch) hinsichtlich ihrer Klimafolgen bewertet werden. Als Vorbild kann Ihnen die Deutsche Bundesstiftung Umwelt dienen. Als Teil der sog. Divestment-Bewegung hat sie binnen weniger Jahre rund 90 Prozent ihrer Investitionen in Anleihen und Aktien von Kohle-Unternehmen – nach dem Motto „keine Kohle für die Kohle – abgebaut.
Projekt- und Fördertätigkeit
Die Mehrheit an Organisationen verwirklicht die eigene Vision durch eigene Projekte und Programme und/oder durch die Förderung Dritter. Auch an diese Tätigkeiten, an Projekt- und/oder Förderpartner können Sie Anforderungen an ein klimafreundliche(re)s Verhalten richten. Bei der Vergabe von Fördermitteln könnten Sie beispielsweise zusätzliche Kriterien aufnehmen, die den Antragstellern, die ein emissionsärmeres, aber gleichermaßen wirkungsvolles Projekt präsentieren, den Vorzug bei der Vergabe von Fördergeldern gewähren. Zudem könnten Sie den Schwerpunkt Ihrer Projekt- und Fördertätigkeit so verändern, dass dem Thema „Klimaschutz“ allgemein ein größeres Gewicht zukommt. Eine Bildungsstiftung könnte beispielsweise mehr Projekte zur Aufklärung und Sensibilisierung über den Klimawandel und seine Folgen durchführen und/oder ein eigenes Förderprogramm für solche Projekte auflegen.
Einen lösungsorientierten und pragmatischen Ansatz wählen
Erfolgreiches Klimaschutzmanagement, d.h. die effektive Reduktion klimaschädlicher Emissionen, ist im besten Fall Teil einer größeren Nachhaltigkeitsstrategie einer Organisation, innerhalb derer auch die Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen und das Ressourcenmanagement eine wesentliche Rolle spielen.8
Unbestritten hat das Thema „Umweltschutz“ über die Jahrzehnte eine größere gesellschaftliche Bedeutung bekommen. Dies spiegelt sich (auch) im starken Anstieg an Stiftungen mit dem Stiftungszweck „Umwelt“ über die Jahrzehnte wider.9 Gleichwohl klaffen der Anspruch zum Schutz der Umwelt und des Klimas und die Wirklichkeit, die sich in weltweit hohen und steigenden Treibhausgasemissionen widerspiegelt, weit auseinander. Mittlerweile dürfte auch dem Letzten klar sein: Es handelt sich nicht um ein Erkenntnis-, sondern um ein Umsetzungsproblem. Es gilt – insbesondere im Sinne kommender Generationen und der am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leidenden Menschen – vom Reden und Diskutieren über Prozentwerte hinterm Komma, legitime Protestformen und Versäumnisse der Vergangenheit ins eigene Handeln zu kommen. Nicht im Sinne eines erhobenen moralischen Zeigefingers, sondern im Sinne eines verantwortungsvollen, lösungsorientierten, pragmatischen, unideologischen, vernünftigen Ansatzes. Denn der Preis des Ignorierens und „Weiter so!“ wird in vielerlei Hinsicht weitaus höher sein.
Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf, wenn wir Sie bei Ihrem gemeinnützigen Vorhaben, beispielsweise der Gründung einer Klimaschutz-Stiftung, im Verbund mit unseren Netzwerkpartnern aus dem Bereich der Rechtsberatung unterstützen sollen.
Wesentliche Quellen:
1 Am 24.06.2021 hat der Deutsche Bundestag ein neues Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) beschlossen. Mit dem novellierten Gesetz wird das deutsche Treibhausgasminderungsziel für das Jahr 2030 auf minus 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben. Bislang galt ein Minderungsziel von minus 55 Prozent. Bis 2040 müssen die Treibhausgase um 88 Prozent gemindert und bis 2045 Treibhausgasneutralität verbindlich erreicht werden. (Quelle: https://www.bmwk.de)
2 in Deutschland existieren inzwischen über 600.000 eingetragene Vereine und über 25.000 rechtsfähige Stiftungen. Hinzu kommen (insgesamt) mehrere tausend gemeinnützige GmbHs, Genossenschaften, AGs, UGs. Allein das Gesamtkapital von Stiftungen wird auf etwa 110 Milliarden Euro geschätzt. (s. Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hrsg.): Zahlen, Daten, Fakten zum Deutschen Stiftungswesen, 2021)
3 gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 8 ist als gemeinnützig anerkannt: „die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, einschließlich des Klimaschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes“; der Stiftungszweck „Umwelt“ ist bei etwa 15 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen relevant (s. Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hrsg.): Zahlen, Daten, Fakten zum Deutschen Stiftungswesen, 2021, Abfrage Datenbank Deutscher Stiftungen, Stand März 2021).
4 „Die Erweiterung des Zweckkatalogs um den „Klimaschutz“ führt zu einer ausdrücklichen gesetzlichen Hervorhebung eines Zwecks, der zwar bereits mit Hilfe anderer Zwecke, wie z. B. Umwelt- und Naturschutz überwiegend, aber möglicherweise nicht gänzlich abgedeckt werden kann. Ein Zweck „Klimaschutz“ unterstreicht und anerkennt darüber hinaus das Engagement eines jeden Einzelnen für die nicht nur nationale, sondern globale Aufgabenstellung, den Klimawandel zumindest abzumildern und damit die Überlebensgrundlagen der Menschen auch für die Zukunft zu sichern.“ (s. Drucksache 19/23551, Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung zu Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (Jahressteuergesetz 2020 – JStG 2020) – Drucksache 19/22850 –, S. 36)
5 Gemäß einer Studie des „Carbon Trust“ betragen potenzielle Emissionseinsparungen durch hybrides Arbeiten in Deutschland bis zu 12,2 Mt CO2 pro Jahr — das entspricht 83 Millionen Flügen von London nach Berlin., Quelle: www.carbontrust.com
6 Informationen zum Ausstoß von CO2 je nach Verkehrsmittel und Hinweise zum klimaschonenden Reisen finden Sie unter: www.mein-klimaschutz.de
7 s. Kulturstiftung des Bundes: Klimabilanzen in Kulturinstitutionen – Dokumentation des Pilotprojekts und Arbeitsmaterialien, 2021. Online abrufbar unter: www.kulturstiftung-des-bundes.de
8 s. hierzu insbesondere: Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hrsg.): Deutscher Nachhaltigkeitskodex – Leitfaden für Stiftungen, 2021. Online abrufbar unter: https://natur-netz-niedersachsen.de
9 So stieg der Anteil des Stiftungszwecks/-themas „Umwelt“ von 2,1 im Zeitraum 1951 bis 1960 auf 19,2 im Zeitraum 2011-2020 (Mehrfachnennung möglich), Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hrsg.): Zahlen, Daten, Fakten zum Deutschen Stiftungswesen, 2021, S. 36 ; die Frage ist, inwiefern es der alleinige Hauptzweck oder ein (eventuell nachrangiger) Nebenzweck ist.
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